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Das Schweigen der Transsexuellen

Stellen Sie sich bitte vor, dass eine Gruppe von Menschen, der Sie angehören, ständig von anderen – zum Beispiel den Medien – definiert und charakterisiert wird, Sie nicht einmal zu Wort kommen, und das ewige Thema des verbalen Bombardements wäre Sex. Ihr Sex. Der Sex in Ihrem Kopf, der Sex, den Sie begehren, der Sex, den sie praktizieren.

Dagegen würden Sie sich verwahren. Darüber spricht man nicht. Es wäre eine unerträgliche Zumutung, unter diesen Umständen zu leben, zu arbeiten, einkaufen zu gehen, einen Spaziergang zu machen.

Es gibt eine Gruppe von Menschen, die das täglich ertragen muss. Man bezeichnet sie als Transsexuelle. Über das, worüber man nicht spricht, spricht man unaufhörlich, wenn es um sie geht. Wessen Stimmen nicht gehört werden, sind ihre eigenen.

Es ist die Grundlage und das zentrale Element eines unaufhörlichen öffentlichen Diskurses über „Geschlechtsumwandlungen“, „Männer, die Frauen sein wollen“, eben die „Transsexuellen“, wie die deutsche Öffentlichkeit sie wieder und wieder gleichförmig konstruiert. Es ist die „wissenschaftliche“ Basis des Transsexuellengesetzes und jeglicher Rechtsprechung hinsichtlich dieser konstruierten „Transsexuellen“.

Ein weiterer Grund besteht aus dem Widerspruch zwischen den Menschenrechten und dem deutschen Transsexuellengesetz (TSG). Bereits 2007 legten die Yogyakarta-Prinzipien (Prinzip 18) zweifelsfrei fest, dass kein Mensch wegen seiner Gender-Identität gezwungen werden darf, sich medizinischer oder psychologischer Behandlung, Untersuchung oder sonstiger Prozeduren zu unterziehen. Allen gegenteiligen Kategorien zum Trotz, so heißt es dort, stellt Gender-Identität keine „medical condition“ (Erkrankung, Störung) dar. Staaten werden (Prinzip 18, F) dazu aufgefordert, sicherzustellen, dass keine medizinische oder psychologische Beratung oder Behandlung von Gender-Identität als psychischer Störung ausgeht.

Das deutsche Transsexuellengesetz beruht auf der Einordnung von Transsexualität als psychische Störung. Das Gesetz erzwingt eine mehrstufige psychologisch-psychiatrische Gutachtensprozedur, während welcher die Betroffenen den Gutachtern völlig ausgeliefert sind. Von Betroffenen erstellte Menschenrechtsberichte[4] legen dar, wie man sich den Verlauf dieser Prozedur vorzustellen hat.

2009 erklärte Prof. Silvia Pimentel, Angehörige des CEDAW-Komitees der UNO (Convention on the Elimination of all Forms of Discrimination against Women) anlässlich der Anhörung Deutschlands, es sei ein Paradoxon, dass transsexuelle Frauen zu geistesgestörten Männern erklärt werden, um als Frauen akzeptiert zu werden. Sie forderte die Beendigung des Gutachterverfahrens nach dem deutschen TSG. In einem gemeinsam verfassten Bericht[5] legten zehn deutsche NGOs gegenüber dem CEDAW-Kommitteee 2011 dar, dass die angemahnten deutschen Aktivitäten hinsichtlich des TSG sich bislang auf eine Broschüre erstrecken, die als Feigenblatt gegenüber der UNO angesehen werden kann. Ebenfalls im Jahre 2009 hatte sich der Kommissar für Menschenrechte des Europarats veranlasst gesehen, ein Themenpapier zu Menschenrechten und Gender-Identität herauszugeben.[6]

Das Bundesverfassungsgericht erklärte nun im Januar 2011, die „Fachwelt (sei) inzwischen zu der Erkenntnis gelangt, dass geschlechtsumwandelnde Operationen auch bei einer weitgehend sicheren Diagnose der Transsexualität nicht stets indiziert sind“. „Weitgehend sichere Diagnose“, aber durch wen? Nicht etwa seitens der Betroffenen selbst, denen man keinesfalls zugestehen kann, sie wüssten selbst am besten über sich Bescheid. Weiter:

Die Dauerhaftigkeit und Irreversibilität des empfundenen Geschlechts eines Transsexuellen lässt sich nicht am Grad der Anpassung seiner äußeren Geschlechtsmerkmale an das empfundene Geschlecht mittels operativer Eingriffe messen, sondern ist daran festzustellen, wie konsequent der Transsexuelle in seinem empfundenen Geschlecht lebt und sich in ihm angekommen fühlt.

Bundesverfassungsgericht

Wiederum: Wer stellt das fest? Ganz sicher nicht die Betroffenen selbst. Die „Fachwelt“, auf die sich das Bundesverfassungsgericht bezieht, besteht aus denjenigen Psychiatern und Psychologen, welche die „Wissenschaft“ für die Pathologisierung transsexueller Menschen produziert (s. The World Professional Association for Transgender Health (WPATH)). Diese „Fachwelt“ nimmt aktiv Einfluss auf die deutsche Gesetzgebung.

Warum werden unter Zuhilfenahme von Psychiatrie und Psychologie Menschenrechte ignoriert?

Es wäre vielleicht angebracht, die Perspektive zu erweitern. Psychiatrie und Psychologie verteidigen etwas durch die Pathologisierung von Menschen mit einer Geschlechtsidentität, die von ihrem zugewiesenen Geschlecht abweicht.

ausführlich lesen via Das Schweigen der Transsexuellen | Telepolis.

Veranstaltungshinweis von Gender-BS

wegweiser

 

Eine Veranstaltung für transsexuelle und transidente Menschen sowie Angehörige

http://gender-bs.de/?event=wegweiser-transsexuell

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